Eigentlich sollten sich die OpenStacker wieder in Berlin treffen. Wieder im Herbst, wie vor 2 Jahren. Das Wetter ist etwas schlechter und fast haette man den neuen Flughafen BER nutzen koennen. Aber es kam alles ganz anders, 2020 - im Jahr der Ratte, Corona machte alle physische Praesenz zunichte. Im Mai bei der Vorplanung ging man noch von Besserung aus. Die Entscheidung fuer das virtuelle Event war die richtige, man wird wohl noch eine Weile damit leben muessen.
Aber so ein virtueller Summit hat auch Vorteile. Die Kosten fuer die Eintrittskarte zum physikalischen Summit haetten in Berlin mit ueber 1000 Dollar zu Buche geschlagen. Wer die Kosten von seiner Firma getragen bekommt, hat damit sicher kein Problem. Fuer Freelancer, Freizeit-Contributor oder privat Interessierte ist das durchaus ein Thema. Zumal es auf den letzten Summits keine Verpflegung mehr gab und auch das obligatorische Summit-T-Shirt nur noch von Firmen gesponsert wurde. Zum virtuellen Event kostete die Registrierung ueber Eventbrite 0 Euro, die Teilnahme war also kostenlos.
Von der Eventbrite-Registrierung ging es ueber E-Mail-Link mit Ubuntu One Account zur Konferenzplattform. Die hatte am ersten Tag so ihre Schwaechen, bei 100 gleichzeitig verbundenen Usern war Schluss. Bei der Veranstaltungssoftware versucht auch jeder sein eigenes Glueck. Ob es das DevOps-Institue ist, die KubeCon oder der virtuelle AWS-Summit - jedes verwendete Tool hatte seine Vor- und Nachteile. Beim OpenInfra-Summit wars ausgerechnet die Stabilitaet und Skalierung. Die Startseite war einfach mit dem vielen dynamischen Content ueberfordert. Es gab einen Gruppenchat, den Terminplaner, den persoenlichen Terminplaner, den Marketplace mit Staenden der Sponsoren. Einen Plan B schien es fuer so eine Stoerung nicht zu geben. Mehr intuitiv fand man den Livestream der Keynote auf Youtube. [video:youtube:wNNOFfDBB0o] Pfiffig zeigte sich die Korea Usergroup, die den Livestream angezapft, bei sich uebertragen und dann wieder bei Youtube gestreamt haben. Bei Youtube wurde auch fleissig kommentiert. Dabei gab es noch die Chatfunkion auf der Konferenzplattform, und auch im IRC gab es einen Summit-Kanal. Man musste also ueberall praesent sein - oder nirgends, denn auf der Konferenzplattform kam auch waehrend der Breakout-Sessions kein richtiger Chat zustande. Die Sessions selber waren von den Sprechern vorproduzierte Videos, die zum Zeitpunkt des Zeitplaners abgespielt wurden. Die Sprecher waren zwar selber im Chat praesent, aber wie schon erwaehnt, sprang der Funke von dem Video zum Chat nicht ueber. Da ist ein richtiges Liveevent doch etwas anderes. Der naechste Vorteil war aber hier: Es gibt kein Platzmangel. Es gab schon Vortraege in einem 20-Personen-Raum mit 500 Interessenten - da steht so ein virtuelles Event klar drueber - es konnten soviel Leute teilnehmen wie sie wollten. Auch konnte man zwei Sessions parallel ansehen - das funktioniert offline auch nicht. Und ich kann in der Session die Pausentaste druecken, wenn ich auf einem Slide was genauer lesen will oder mir einen Kaffee koche. Ich kann auch die ganze Session spaeter anschauen, das geht natuerlich auch, da die Videos ja sofort nach Veroeffentlichung verfuegbar sind. Die Keynote bestritten Jonathan Bryce und Mark Collier aus ihrem Buero in Austin. Eine grosse Neuigkeit war schon vorher angekuendigt und wurde auch recht schnell praesentiert: Die OpenStack Foundation heisst jetzt OpenInfrastructure Foundation. Dazu gibts auch ein huebsches neues Logo: https://openinfra.dev/ Man konnte auch gleich zahlreiche neue Platin-Mitglieder begruessen, die natuerlich ausreichend Geld in die Kasse spuelen. Als da waeren Ant Group, Tencent Cloud, Fiberhome, Windriver und Facebook Connectivity. Wieder sind natuerlich chinesische Firmen mit dabei, aber auch welche von den Seitenprojekten StarlingX/Windriver oder voellig neue Pfade wie Facebook Magma, ein Multi-Layer OpenSource- Netzwork-Connector. Unerwaehnt bleiben technische Neuerungen vom Victoria OpenStack Release, oder etwa der Ausfall der Entwicklerplattform Gerrit wegen eines Sicherheitsproblems.
Mehr Details zum neuen Release gabs offenbar im Presse-Briefing.
Weitere Keynote-Highlights: Mark Shuttleworth von Canonical hatte seinen festen Platz und schaute auch auf 10 Jahre Produktentwicklung zurueck. Neben MaaS kam er schnell zu Juju und Juju Charms. Damit auseinandergesetzt haben wir uns schon vor 4 Jahren hier. Wenn man sich heute Kubernetes anschaut oder auch Kubernetes Operator wird man feststellen, dass Canonical seiner Zeit viel voraus war und Kubernetes heute doch viele Funktionen besitzt, die in Juju schon lange vorhanden waren. Ein Nischendasein - voellig unterbewertet.
[video:youtube:yMSWNl96yNU] Eine Ueberraschung ganz anderer Art hatte Boris Renski, vorheriger Chef von Mirantis, parat. Mit FreedomFI gibt es jetzt 5G fuer JEDEN. Zum Selberbauen! Basierend auf dem neuen OpenInfra-Projekt Magma.
Vor den Keynotes gab es schon Forum-Sessions. Die kennt man noch von den Summits davor und ist die volle Interaktion mit allen Teilnehmern zu einem bestimmtemn Thema. Technisch wurde das diesmal mit Zoom und Etherpad realisiert. Interessanter Zusatzfaktor: Verschiedene Zeitzonen. “What Makes Open Source Communities Thrive Remotely”, fragte Aeva Black in eine der ersten Breakout-Sessions in der Kategorie Open Developement. Eine Frage, wichtiger doch denn je in Corona-Zeiten. Die Arbeit im Home Office mag viele Vorteile bringen, aber es gibt auch Pflichtuebungen fuer Manager oder Projektleiter. Sehr gute Praesentation.
Zurueck zu den Operatoren. Es gab auch am ersten Tag schon mehrere Sessions dazu. Kuryr zum Beispiel, die Implementierung von CRD und einen Python-Operator fuer K8S ist ein Highlight beim Victoria-Update.
In anderen Session wurde Ansible-Operator vorgestellt, Canonical spendierte einen Juju-Workshop zum Erstellen eines Python-Operators - und das sogar mehrmals zu unterschiedlichen Zeitzonen. Fuer die Veranstalter war es 6 Uhr morgens, als die Session fuer APAC begann. Respekt, denn die meisten Vortraege starteten ab spaeten Nachmittag und zogen sich in den fruehen Abend hin. Hauptthemen waren immer wieder Kubernetes und Container, insbesondere Container bauen oder Container Security.
Machine Learning und AI ist auch eine Kategorie. Hier gabs auch eine Session von Paniraj Koppa, Docker und Machine Learning
Sa Pham, Head of RnD Department - VCCloud, ging der Frage nach Managed Kubernetes Services nach und zeigte seine Untersuchungen von verschiedenen Cloud-Providern, Rancher und Gardener Cloud.
Besonderes Augenmerk richtete ich auf die Kategorie Public Cloud, da ich dort im Programm Komitee taetig war. Das Programm Komitee bewertet die eingereichten Vortraege und gibt nach der Abstimmung durch die Community eine Empfehlung ab, welche Sessionvorschlaege letztlich in den Summit kommen sollen. Zu besetzen hatten wir 6 Slots und 2 Reserve-Vortraege. Grosses Interesse gab es natuerlich fuer GAIA-X, der neuen EU-Cloud. Die Architektur stellte Kurt Garloff in zwei Vortraegen vor. Zu sehen waren altbekannte Komponenten wie OpenStack und Kubernetes, die nun einem gemeinsamen Standard wiederfahren sollen, damit sie providerunabhaengig eingesetzt werden koennen. Das Projekt ist spannend, bedarf aber auch noch viel Aufklaerungsarbeit. Hier ein paar Slides aus der technischen Architektur:
#OpenInfraSummit Latest news from #GAIAX provided by #SovereignCloudStack https://t.co/K4aln1kfWY pic.twitter.com/SLbzhbgK7n
— Frank Kloeker (@eumel_8) October 20, 2020
Weitere Vortraege wurden von den Kollegen der Open-Telekom-Cloud eingereicht. Es ging um OpenStack/OpenTelekomCloud-Python-Client und wir man diesen in der Kommandozeile, als auch in der Programmierung benutzt. Auch eine API-Monitor-Loesung wurde von Nils Magnus und Artem Goncharov vorgestellt, incl. Entwicklungsgeschichte der verschiedenen Versionen. Spannendstes Thema war der Aufbau einer neuen Region der Open-Telekom-Cloud in Amsterdam. Ein paar beeindruckende Zahlen hier auf diesem Slide:
#OpenInfraSummit #otc #techfacts pic.twitter.com/8QiPvxX9VP
— Frank Kloeker (@eumel_8) October 20, 2020
Das war dann auch schon der erste virtuelle OpenStack- aka OpenInfrastructure-Summit. Vermisst wurden die Project-Update- und Project-Onboarding-Session. Dazu ist noch anzumerken, dass seit dem Train-Release eine ganze Menge Projekte keinen PTL mehr haben (in Wallaby sind es 10) und auch bei den anderen Projekten groesstenteils keine Wahl im eigentlichen Sinne stattfindet, weil es nur einen Kandidaten gibt und dieser das auch schon seit vielen Zyklen macht. Dennoch gibt es in der Folgewoche einen virtuellen PTG, angesetzt fuer 5 Tage. Dazwischen liegt das Upstream Institute, quasi das Trainingslager fuer neue Contributor.
Alle Sessionvideos gibt es derzeit noch unter https://summit.openinfra.dev. Vermutlich werden sie auch im OSF Kanal auf Youtube zu finden sein. In einigen Videos gibt es Schnittfehler, weil die Laenge mit den Vorgaben nicht uebereinstimmte. Vielleicht wird das noch korrigiert oder die Sprecher stellen eigene Versionen zur Verfuegung.
Ein abschliessendes Fazit: Man hat Geld gespart, man hat Zeit gespart. Aber mit dem Nichtverreisen um die ganze Welt geht auch ein Stueck Kultur verloren. Die Reise der OpenStack Gemeinde geht dennoch weiter.